10 Sabotage-Tipps für den einfachen Bürger

Die ‚globalisierte geldgeile arbeitswütige Überflussgesellschaft’ geht dir schon lange gegen den Strich? Du würdest ihr nur all zu gerne ab und zu, hier und da eins auswischen? Wir sagen dir, wie du’s mit ganz einfachen Mitteln tun kannst!


Wenn du lieber gleich zur Sache kommst, mein Gelaber darüber, wie ich darauf gekommen bin, die angekündigten 10 Sabotage-Tipps zu erstellen, dich zu Tode langweilen und/oder du prinzipiell lange Intros zum Kotzen findest, besteht selbstverständlich die Möglichkeit den Einleitungstext zu überspringen und gleich zu den durch Nummerierung gekennzeichneten konkreten Tipps überzugehen. Wirst du im Gegenteil lieber sanft an ein Thema herangeführt und/oder es geht dir eher darum, dich beispielsweise möglichst lange von der Arbeit abzulenken, dann bitte sehr … hier dann auch die passende Musik dazu.

Vor kurzem bin ich auf das ‚Simple Sabotage Field Manual’ (Handbuch für einfache Sabotage) gestoßen; ein 1944 vom ‚Office of Strategic Services’ des CIA erstelltes Handbuch, prall gefüllt mit praktischen Tipps für den ‚gewöhnlichen Durchschnittsbürger unter den Saboteuren’ (ordinary individual citizen-saboteur) mit einem Hang zu möglichst unauffälliger (Kriegs-)Sabotage. Hättest du also 1944 bereits in Deutschland gelebt und der Nationalsozialismus wäre dir nach 11 Jahren so langsam dann doch unangenehm geworden, ihn öffentlich zu kritisieren aber nicht wirklich eine Option für dich, wäre dies die ideale Lektüre für dich gewesen.

Das klingt vielleicht erst einmal etwas skurril und auch zynisch, aber tatsächlich fand ich das Handbuch äußerst inspirierend: eine durchaus empfehlenswerte Lektüre, auch heute noch. Das ‚Simple Sabotage Field Manual’ hat mich dermaßen inspiriert, dass ich beschlossen habe, auf seiner Vorlage ebenfalls ein paar Sabotage-Tipps zu erstellen. Klar, das muss natürlich alles etwas an die jetzige Zeit und unsere Zielvorstellungen angepasst werden. Anders als die CIA 1944 wollen wir keine bestimmten Staaten oder Regierungen schwächen, wenn dann schon eher eine Gesellschaftsform, oder eine Weltanschauung vielleicht. Unser „Feind“ könnte beispielsweise die, na sagen wir die ‚globalisierte geldgeile arbeitswütige Überflussgesellschaft’ (im Anschluss nur noch als GGAÜG bezeichnet) sein. Trotzdem sind viele Anmerkungen und Vorschläge aus dem Original-CIA-Handbuch erstaunlich problemlos übertragbar (ein Klick auf das obrige Bild verlinkt dich direkt zum Original).

Bezüglich der eventuellen Nutzer unserer Sabotagetipps dient das Originalhandbuch schon mal als vorzügliche Inspirationsquelle. Es besagt: „Schlichte Sabotage wird vom einfachen Bürger durchgeführt, welcher individuell, ohne zwangsläufig an eine organisierte Gruppe angebunden zu sein, oder in der Gruppe handelt; und es wird auf solche Weise ausgeführt, dass die Gefahr sich zu verletzen, erwischt und/oder bestraft zu werden, möglichst gering ist.[1]“ Das klingt doch vernünftig. An den wollen wir uns mit unseren 10 Tipps auch wenden, den einfachen Bürger.

Im Prinzip kann also jede und jeder unsere Tipps aufgreifen; natürlich macht es am ehesten Sinn für Menschen (ob sie auch Bürger sind, ist eigentlich zweitrangig), die daran interessiert sind, der GGAÜG zu schaden. Uns kommt es aber ebenso entgegen, wenn geldgeile arbeitswütige Globalisierungsliebhaber – dann wahrscheinlich eher irrtümlicherweise – sich unserer Sabotagevorschläge bedienen. Und, ganz besonders geeignet sind die Tipps für verkappte Gegner der GGAÜG, da „die Gefahr erwischt zu werden, möglichst gering gehalten wird.

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Es ist also möglich, hier und da Nadelstiche gegen die GGAÜG zu setzen, ohne dadurch gleich sein soziales Ansehen oder sein Arbeitsverhältnis aufs Spiel setzen zu müssen. Der Trick dabei ist es, nur solche Sabotageinstrumente einzusetzen, die „jeder zuhause liegen hat“, sowie nur solche „Sabotageziele sich auszusuchen, zu denen man normalen und unauffälligen Zugang im Alltag hat.“ Einfache Sabotage baut meistens darauf auf, „gewöhnliche Gelegenheiten zu nutzen und dabei unauffällig falsche Entscheidungen zu treffen, eine nicht kooperative Haltung anzunehmen und andere dazu anzustiften mitzumachen. Des Weiteren heißt es im Original-CIA-Handbuch: Der einfache Saboteur soll erfinderisch sein im Umgang mit seinem alltäglichen Equipment“.

Manche Tipps im Originalhandbuch richten sich ganz spezifisch an Personen aus bestimmten Berufssparten: ElektrikerInnen, SchmiedInnen, Zugpersonal, TelefonistInnen, AbteilungsleiterInnen. Auch das macht heute noch Sinn. Ein paar unserer Tipps sind daher ebenfalls an bestimmte Berufsgruppen angepasst.

Auch für uns Verfasser der aktualisierten Sabotage-Tipps hat das Original einige gute Ratschläge parat, darüber, was man berücksichtigen sollte und wie man den einfachen Saboteur am besten erreicht. Das Original Manual gibt beispielsweise zu bedenken: „gezielte Dummheit ist konträr zur menschlichen Natur, weswegen [der einfache Saboteur] regelmäßig Druck, Ansporn oder Zusicherungen sowie Informationen und Vorschläge benötigt, in Bezug auf praktikable einfache Sabotagemethoden.[2]“ Idealerweise „schafft man eine Situation, in welcher der ‚einfache Saboteur’ ein gewisses Verantwortungsgefühl entwickelt und seinerseits andere in Sachen ‚schlichte Sabotage’ ausbildet. Zu Herzen nehmen wollen wir uns auch folgende Anmerkung: „ Eine angemessene Portion Humor in der Darstellung von Vorschlägen für einfache Sabotage löst Spannungen und Ängste.[3]

Damit genug Einführung. Im Folgenden nun die konkreten praktikablen einfachen Sabotage-Tipps nur für dich…und alle anderen.

1. Fragt dich jemand, ob du Lust auf einen Shopping-Ausflug hast, sag, du seiest allergisch auf Läden, Shopping Malls und Shoppen überhaupt, beziehungsweise du habest eine Shopping-Intoleranz. Es läge auch nicht am Anglizismus perse (schließlich ist nicht alles was aus dem Englischen kommt unbedingt schlecht, ich denke da zum Beispiel an ‚chillen’), viele seien davon betroffen, er oder sie könne es gerne googlen. Es wird eh höchste Zeit, dass diese Art der Intoleranz oder Allergie endlich offizielle Anerkennung findet. Um den entsprechenden Wikipediabeitrag kümmern wir uns gegebenenfalls gerne. Wenn sich genug Menschen zu der Intoleranz bzw. Allergie bekennen, gibt es sie auch.

2. Rufe regelmäßig beim Kundenservice deiner Bank an und sag, du hättest immer noch nicht ganz verstanden, wieso die Bank dir im „Idealfall“ Zinsen dafür auszahlt, dass sie dein Geld verwalten darf, alle anderen würden für geleistete Dienstleistungen immer nur Geld von dir verlangen…ob sie dir das Finanzsystem noch einmal im Detail erklären könnten, du hättest viel Zeit.

3. Bei Kinobesuchen solltest du immer daran denken pünktlich zu sein, um die Werbespotts vor dem Filmanfang nicht zu verpassen. Das erscheint erst einmal kontraintuitiv, bietet dir aber die Möglichkeit, zu verhindern, dass sich andere an der Werbung „erfreuen“. Während der Werbespotts solltest du dich sehr laut mit deinem Sitznachbarn oder -nachbarin unterhalten. Oder einen ganzen Werbespott über im Projektorstrahl stehen. Im Original-CIA-Handbuch heißt es: „Zuschauer können feindliche Propagandafilme ruinieren, durch übertrieben lautes Klatschen, lautes Husten und Reden.[4]“ Ein weiterer Originaltipp lautet unauffällig Motten ins Kino zu schleusen, damit diese, angezogen vom Licht, in den Projektor steigen und das Bild stören. Das wäre heutzutage wohl nicht mehr ganz so sinnvoll.

FlightAttendant_B1_201706014. Falls du bei einer Fluggesellschaft arbeitest, ob an Bord des Flugzeuges oder hinterm Rechner in der Zentrale, versuche das Fliegen möglichst unangenehm für die Passagiere zu gestalten. Fliegen ist ja bekanntermaßen speziell klimaschädlich. Beispielsweise – und da bediene ich mich wieder eines Originaltipps – kannst du zwei Passagieren ein und den selben Sitzplatz zuweisen (insofern die Software das heutzutage überhaupt noch zulässt), so dass ein „interessanter Dialog“ zwischen den beiden Passagieren entstehen kann. Oder, falls du zum Bordpersonal gehörst, könntest du beispielsweise bewusst Mücken in den Flieger schmuggeln. Allerdings ohne selbst auffällig viel Anti-Mücken Spray verwendet zu haben. Falls du im Management einer Fluggesellschaft tätig sein solltest, sorge dafür, dass die Passagiere während des Fluges mit lästiger Musik und Werbung bestrahlt werden, sie speziell eng zusammen sitzen und für alles Mögliche Zuschläge zahlen müssen, und das Bordpersonal besonders schlecht bezahlt wird, einen unmenschlichen Stundenplan hat und dementsprechend häufig miese Laune. Wenn ich so drüber nachdenke, mit letzterem Tipp komme ich womöglich zu spät. Es scheint mir, diese Strategie fahren einige Fluggesellschaften bereits jetzt schon. Auf einmal sehe ich Ryan Air und andere Low-Cost-Anbieter mit ganz anderen Augen. Nur weiter so!

5. Falls du für Amazon, DHL, UPS, deliveroo, foodora, Lieferando, Zalando oder eine ähnliches Logistikunternehmen arbeitest, sorge dafür, dass Lieferungen falsch verschickt oder geliefert werden, oder zumindest mit Verspätung. Schreibe Sprüche oder Statistiken auf die Verpackungen, die den Kunden abschrecken könnten, wie beispielsweise die Selbstmordrate bei AmazonmitarbeiterInnen oder Ähnliches.

6. Wir wissen es alle, Autos sind Scheiße, stoßen viel CO2 aus, verpesten die Städte, töten Fußgänger und Fahrradfahrer (natürlich nicht alleine, sondern in der Regel nur mit FahrerIn). Deswegen – und auch dieser Tipp stammt aus dem Original Field Manual – solltest du dafür sorgen, dass die Strassen in einem möglichst schlechten Zustand sind. Versehe die Strassen mit Schlaglöchern, lass Straßenschilder verschwinden, gehe besonders langsam über Zebrastreifen, usw. Daran kann sich wiederum jede und jeder beteiligen, unabhängig welcher Berufsgruppe man angehört. Als StraßenarbeiterIn kannst du natürlich auch gerne dafür sorgen, dass die Straßeninfrastruktur von vorne herein nicht sehr stabil und anfällig für Sabotage ist. Im Gegenzug solltest du Fußgänger- und Fahrradwege möglichst angenehm gestalten. Fahrradfahrer und Fußgänger immer nett anlächeln, mal einen Blumenstrauß hinlegen, gute Witze auf Fahrradwege sprayen, usw. Vielleicht schaffen wir ja so den Wandel weg vom Automobil.

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7. Wenn dich die Bedienung an einer Ladenkasse oder –theke fragt, ob du eine Plastiktüte oder eine sonstige Plastikverpackung zu haben wünschst, heule laut los und verlange nach der ManagerIn. Das mag nicht speziell sinnvoll erscheinen, die Bedienung und andere herumstehende Leute sollten aber genügend traumatisiert sein, um es sich beim nächsten Mal gut zu überlegen, ob sie eine Plastikverpackung wünschen bzw. anbieten. Sollte dein Ansehen dir besonders wichtig sein, kannst du es ja zumindest mal im Urlaub versuchen, irgendwo weit weg, wo dich niemand kennt.

8. Nimm keine Arbeitsverträge an, die auf mehr als 20 Stunden pro Woche festgelegt sind. Will jemand wissen, wieso du nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten kannst (ja, du hast richtig gehört: „kannst“), sag, es gäbe zwingende familiäre oder gesundheitliche Gründe dafür.

9. Besuche Konferenzen, Seminare, Meetings und Ausschüsse von Institutionen, die deiner Ansicht nach stellvertretend sind für die GGAÜG. In Bezug auf das Sabotieren von solchen Veranstaltungen hat das Original gleich mehrere gute Tipps anzubieten. Hier nur eine kleine Auswahl: „Halte Monologe. Sprich so oft du kannst und so lange wie möglich. Schmücke deine Beiträge mit langen Anekdoten und persönlichen Erfahrungen aus.[5]“ „Bringe unwichtige Themen so oft es geht zur Sprache.[6]“ „Feilsche bei Meldungen, Protokollen oder Beschlüssen um präzise Formulierungen.[7]“ Wer selbst schon mal an Konferenzen, Seminaren, und Meetings von sozial, konsumkritisch und humanistisch eingestellten Institution oder Organisationen teilgenommen hat, erkennt schnell, dass den Saboteuren, die für die Gegenseite tätig sind, das Original ‚Simple Sabotage Field Manual’ offenbar auch nicht fremd ist. Wir sollten ihnen auf keinen Fall das Feld überlassen!

10. Ganz allgemein gibt uns das Original-CIA-Handbuch dann noch folgenden wertvollen Ratschlag mit auf den Weg: „Deine Entschuldigungen sollten immer üppig ausfallen. Häufig kommt man mit solchem Handeln “davon” unter dem Deckmantel der vorgespielten Dummheit, Ignoranz, übermäßigen Vorsicht, Angst der Sabotage verdächtigt zu werden, oder durch Unterernährung bedingte Schwäche und Trägheit.[8]“ Unterernährung wird einem heutzutage in unseren Gegenden wohl nicht so leicht abgenommen, aber vielleicht allgemeine Trägheit bedingt durch das viele Fastfood Essen.

 

Natürlich könnte man diese Liste von Sabotage-Tipps noch deutlich ausbauen, wir denken aber, wenn genügend Menschen diese 10 Tipps schon mal umsetzen, ist schon viel getan. Also nichts wie ran! Sei überall dort, wo es der GGAÜG schadet, faul, dumm, uneffektiv und unbequem!

 


[1] Simple Sabotage is executed by an ordinary citizen who may or may not act individually and without the necessity for active connection with an organized group; and it is carried out in such a way as to involve a minimum danger of injury, detection, and reprisal.

[2] Purposeful stupidity is contrary to human nature. [The citizen-saboteur] frequently needs pressure, stimulation or assurance, and information and suggestions regarding feasible methods of simple sabotage.

[3] A reasonable amount of humor in the presentation of suggestions for simple sabotage will relax tensions of fear.

[4] Audiences can ruin enemy propaganda films by applauding to drown the words of the speaker, by coughing loudly, and by talking.

[5] Make „speeches“. Talk as frequently as possible and at great length. Illustrate your. „points” by long anecdotes and accounts of personal experiences.

[6] Bring up irrelevant issues as frequently as possible.

[7] Haggle over precise wordings of communications, minutes, resolutions.

[8] Always be profuse in your apologies. Frequently you can „get away“ with such acts under the cover of pretending stupidity, Ignorance, over-caution, fear of being suspected of sabotage, or weakness and dullness due to undernourishment.

 

 

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